Über die Liebe...

William Shakespeare
Sonett 116

Nichts kann den Bund zwei treuer Herzen hindern,
Die wahrhaft gleichgestimmt. Lieb‘ ist nicht Liebe,
Die Trennung oder Wechsel könnte mindern,
Die nicht unwandelbar im Wandel bliebe.

O nein! Sie ist ein ewig festes Ziel,
Das unerschüttert bleibt in Sturm und Wogen,
Ein Stern für jeder irren Barke Kiel, –
Kein Höhenmaß hat seinen Werth erwogen.

Lieb‘ ist kein Narr der Zeit, ob Rosenmunde
Und Wangen auch verblühn im Lauf der Zeit –
Sie aber wechselt nicht mit Tag und Stunde,
Ihr Ziel ist endlos, wie die Ewigkeit.

Wenn dies bei mir als Irrthum sich ergiebt,
So schrieb ich nie, hat nie ein Mann geliebt.

 

Übersetzt von Friedrich Bodenstedt (1866)

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