Türkischer Hochzeitsbrauch: Kız isteme & Söz kesme

Wie geht eigentlich das Brautwerben in der Türkei und wie genau wird um die Hand angehalten? Das werde ich oft gefragt und möchte daher ein paar Begrifflichkeiten und Abläufe erklären.

Ursprüngliches Brautwerben in der Türkei

Kam ein junger Mann ins heiratsfähige Alter, war es ursprünglich Aufgabe der Mutter oder einer sogenannten „Brautschauerin“ (görücü) mit der Brautsuche zu beginnen.
Dafür besuchten die Brautschauerinnen die Familie eines in Frage kommenden Mädchens und verschafften sich einen ersten Eindruck von der Tochter. Anschließend wurden über das Mädchen Erkundigungen bezüglich ihrer Ehre, ihrer Gesundheit, ihres Fleißes, ihrer Geschicklichkeit und auch ihrer Folgsamkeit angestellt.

Wenn die Brautschauerinnen das Mädchen für passend befanden, so hielt der Vater oder ein nächster Verwandter des Jungen (dünürcü) bei einem Besuch offiziell mit einem traditionellen Satz „im Auftrag Gottes und der Zustimmung des Propheten“ um die Hand des Mädchens an. Dabei war es üblich, dass die Eltern des Mädchens den Antrag nicht sofort annahmen – auch um zu demonstrieren, dass man die gute Tochter nicht so einfach hergibt. Dann nutzte die Familie des Mädchens die Zeit und erkundigte sich über den jungen Mann in Hinblick auf seinen Ruf und seine finanzielle Situation.

Wurde dem Antrag nach reiflicher Überlegung zugestimmt, so waren der Junge und das Mädchen einander versprochen und tauschten zum Symbol des Versprechens Ringe aus (söz yüzük). Dies waren aber nicht die späteren Eheringe, sondern standen für das Versprechen (Söz), dass sich die Familien an diesem Tag gaben. Dieses Ritual wurde durch ein wichtiges Familienmitglied des Bräutigams, z.B. dem Onkel, durchgeführt. Die Ringe wurden an die Enden eines roten Bandes gebunden und dem Paar an den Ringfinger der rechten Hand angesteckt. Danach wurde das Band durchgeschnitten und das Versprechen dadurch besiegelt. Dies geschah im sehr kleinen Kreis, mit den Eltern, Geschwistern und höchstens den ältesten Onkel und Tanten des Brautpaares.

Dann begann die Zeit, in der sich das Brautpaar in spe beschnuppern konnte, die Familien sich näher kennenlernten und die Formalitäten für die Verlobung und Hochzeit besprachen. Merkte man im Laufe der Wochen und Monate, dass man sich doch nicht so gut versteht wie gedacht, war es durchaus möglich ein Sözlük aufzuheben – es war nicht gern gesehen, jedoch weniger schlimm wie eine Verlobung zu lösen. 

Noch heute wird der Brautvater gefragt

Heutzutage finden Braut und Bräutigam selbstverständlich von alleine zueinander und er macht ihr natürlich zuerst einen Heiratsantrag und anschließend wird ganz offiziell und traditionell mit den Eltern beim Brautvater um die Hand der Liebsten angehalten. Wenn sich die Familien schon kennen und der Bräutigam in spe ein gutes Verhältnis zum Brautvater hat, ist es durchaus möglich, dass er ihn auch in einem persönlichen um die Hand seiner Tochter bittet und dann erst seiner Liebsten einen Antrag macht.

Für das traditionelle Handanhalten bringen die Bräutigameltern traditionell Schokolade oder etwas anderes Süßes auf einem Silbertablett und Blumen mit, denn ein türkischer Spruch besagt „Iss Süßes, sprich Süßes“. Zu Beginn wird von der mitgebrachten Süßspeisen gegessen und den Gästen türkischer Kaffee serviert. Anschließend kommt der Bräutigamvater auf den Grund des Besuches und hält mit dem traditionellen Satz für seinen Sohn um die Hand des Mädchens an. Meist wissen die Brauteltern über die Heiratsabsichten des Paares ja Bescheid und die Familien kennen sich vielleicht sogar schon, daher stimmt der Brautvater nach einer obligatorischen Denkminute zu und sagt einen traditionellen Satz, der sinngemäß lautet: „Die Kinder haben sich gesehen und verliebt. Das sollten wir respektieren und sie unterstützen.“ Man gratuliert sich gegenseitig, freut sich über den besonderen Moment und in traditionellen Familien wird auch heute noch der Austausch von „Söz“ Ringen zelebriert.

 

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