Sağdıç, Toy Beyi & Yenge - Trauzeugen & Co auf türkisch

Ein alter Brauch bei türkischen Hochzeiten, der heute nur noch selten anzutreffen ist, sind die Begleiter des Brautpaares: Sağdıç, Toy Beyi & Yenge.  

Ähnlich wie beim deutschen Hochzeitsbrauch der Trauzeugen, hatten auch diese Begleiter die Aufgabe dem Brautpaar Beistand zu leisten. Sei es bei den Hochzeitsvorbereitungen, der Hochzeitsfeier selbst und auch danach, wenn mal der Haussegen schief hing…

Ich erlebe oft, dass türkische Brautpaare nicht ganz sicher wissen, was die Aufgaben von Sağdıç, Toy Beyi & Yenge sind bzw. ob sie diese überhaupt noch brauchen oder ob sie auch einfach „einen Trauzeugen haben dürfen“.

Deswegen gibt’s heute ein paar Infos zu den traditionellen Begleitern des Brautpaares bei türkischen Hochzeiten und was ursprünglich ihre Aufgaben waren:

Sagdic (Sağdıç) – der „Trauzeuge“ des Bräutigams

Traditonell hatte der Sagdic viele organisatorische und repräsentative Aufgaben zu tragen. Beispielsweise wurden wähernd der tagelangen Feierlichkeiten bestimmte Zeremonien und Feste im Haus des Sagdic abgehalten und auch bei den damals zu Ehren des Brautpaares üblichen Pferderennen oder Ringkämpfen (Yagli güres) fungierte der Sagdic oft als Gastgeber. In großen und reichen Familien konnte es auch vorkommen, dass der Bräutigam mehrere Sagdic hatte, doch die wichtigste Person war dann der erste Sagdic (Baş Sağdıç), der in der Regel selbst verheiratet war, denn er sollte nicht nur Aufgaben für die Hochzeit übernehmen, sondern durch Weisheit und Erfahrung einen guten Ehemann aus dem Bräutigam machen.

Noch heute wird in vielen Regionen der Türkei die Tradtion des Sagdic gelebt und es gilt als Ehre als „rechte Hand“ des Bräutigams gewählt zu werden. Der Sagic ist dann vor und während der Hochzeit der Helfer und Freund des Bräutigams in allen anfallenden Aufgaben. Sei es der Anzugkauf, die Unterstützung bei Vorbereitungen oder als einfacher Berater. Seine wichtigsten Aufgaben erfüllt der Sagdic aber am Hochzeitstag. Zum einen richtet er für den Bräutigam die traditionelle Zeremonie des „Damat trasi“ (Barbier Besuch des Bräutigams am Hochzeitstag) aus und sorgt anschließend dafür, dass der Bräutigam alles Notwendige hat, um sich für die Hochzeitsfeier vorzubereiten und umzuziehen. Müssen noch Besorgungen erledigt werden, so übernimmt er diese für den Bräutigam. Außerdem kommt er während des ganzen Hochzeitstages für die finanziellen Angelegenheiten des Bräutigams auf. Dazu gehören die Zahlung der Trinkgelder (z.B. für die Musikanten bei der Brautabholung) und des Wegezolls (z.B. wenn Kinder dem Brautwagen den Weg versperren). Er fährt zudem auch das Hochzeitsauto und hält dem Bräutigam in allen Dingen den Rücken frei.

Die moderne Version des Sagdic entspricht also stark dem des hierzulande üblichen Trauzeugen, nur das der Sagdic auch für die Erfüllung einiger Bräuche zuständig ist. 

Yenge – die „Trauzeugin“ der Braut:

Wer sich jetzt wundert, wo die Trauzeugin der Braut verblieben ist, der wird lange suchen müssen. Denn nur der Bräutigam hat einen Sagdic. Die Braut fand damals Unterstützung durch eine „Yenge“. Eigentlich bezeichnet man die Ehefrau des Bruders und des Onkels als Yenge, doch in diesem Fall handelte es sich bei der Yenge um die Ehefrau des „Toy beyi“. Der Toy beyi war eine weitere wichtige Person, der zusätzlich zum Sagdic gewählt wurde und am Hochzeitstag einige Aufgaben wahrnehmen musste. Da er meist ein Bruder oder Onkel des Bräutigams war, war seine Ehefrau die Yenge des Bräutigams und somit (nach türkischer Denke durch die Heirat) auch die Yenge der Braut.

Am Hochzeitstag unterstützte die Yenge die Braut bei ihren persönlichen Vorbereitungen wie Kleidung, Haare und Schminke, aber auch vor der Hochzeit stand sie der Braut bei Fragen und Sorgen bei. Dadurch, dass die Yenge aus der Familie des Bräutigams kam, war sie auch nach der Hochzeit noch eine hilfreiche Ansprechpartnerin im Kreis der neuen Familie, die der Braut auch beim Einleben helfen konnte.

Toy beyi

Die Tradition des Toy beyi ist heute nicht mehr anzutreffen und inzwischen übernimmt der Sagdic all seine Aufgaben, wodurch die Rolle der Yenge auf die Frau des Sagdic überging.

Der Toy Beyi musste verheiratet sein und war meist ein Onkel, Bruder, Verwandter des Bräutigams oder ein sehr guter Freund des Bräutigamvaters. Zu seinen Aufgaben zählten die Trinkgelder und Wegezölle zu zahlen, die am Hochzeitstag anfielen und nicht direkt vom Bräutigam bzw. seinem Sagdic gefordert wurden. Dazu gehörten beispielsweise die Auslösung der Aussteuer, die Trinkgelder der Musikanten und die Wegezölle bei der Brautabholung und den damit verbundenen Ritualen. 

Begleiter & Trauzeugen heute

Während die Tradition des Toy Beyi heute vergessen ist, ist der Brauch des Sagdic besonders in ländlich geprägten Familien noch stark verbreitet und wird traditionell gelebt.

In modern geprägten Familien benennt das Brautpaar keinen Sagdic oder eine Yenge, sondern schlicht ihre Trauzeugen, welche sie dann bei den Hochzeitsvorbereitungen unterstützen. Der Trauzeuge des Bräutigams lässt es sich dann aber nicht nehmen, traditionelle Aufgaben des Sagdic zu übernehmen. Dazu gehört weiterhin die Organisation des „Damat trasi“ sowie die Bezahlung von Wegezoll und die Auslösung der Braut.

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