Hochzeitsbräuche & Traditionen

 

Türkischer Hochzeitsbrauch: Mehir - Morgengabe

Es gibt Traditionen bei denen es wirklich schade ist, dass sie immer mehr in Vergessenheit geraten. Eine davon ist das Mehir (arab. „mahr“) bzw. die Morgengabe.

Beim Mehir Brauch (nicht zu verwechseln mit der Tradition des Brautgeldes) erhielt dir Braut vom Bräutigam zur Hochzeit ein Geschenk, über das nur sie verfügen durfte. Dieses sogenannte Mehir konnte Schmuck, Geld oder in reichen Familien sogar ein Haus sein.

Es diente dazu, dass die Frau im im Falle einer Scheidung oder bei Vorversterben des Ehemannes nicht mittellos dastand. Das Mehir wurde vor der Eheschließung festgelegt und erst bei Scheidung oder Tod überreicht. So wurde während der religiösen Trauung (Imam Nikahi) vertraglich niedergeschrieben, welche Art von Mehir vereinbart wurde und ohne die Zusage eines Mehirs gab es auch keine Eheschließung. Damit aber die Braut am Hochzeitstag nicht „ohne“ Geschenk dastand, etablierte sich der Brauch, am Hochzeitstag der Braut symbolisch als „kleines Mehir“ Schmuck, z. B. einen Ring, zu schenken.

Ähnlich ist auch die deutsche Tradition, genannt „Morgengabe“. In diesem Fall erhielt die Braut üblicherweise am Morgen nach der Hochzeit vom Bräutigam ein wertvolles Geschenk (meist Schmuck), das für sie allein bestimmt war, also nicht zum gemeinsam Ehevermögen gezählt wurde. Auch hier war der Gedanke, die Braut abzusichern und für die Zukunft vorzusorgen.

Heutzutage sind beide Traditionen so gut wie vergessen und sogar bei den religiösen Trauungen wird es nicht mehr so streng gehandhabt, so dass die Eheschließung mancherorts auch ohne Mehir möglich ist. Wenn nicht das Mehir an sich, so sollte doch der Brauch des kleinen Mehirs bzw. der Morgengabe fortgeführt werden. Es ist doch schön, wenn die Braut ein Schmuckstück besitzt, dass sie von ihrem Ehemann am Tag der Hochzeit erhalten hat. Egal ob ganzes Schmuckset oder einzelnes Armband, allein die Geste nach „alter Schule“ zu handeln ist doch irgendwie romantisch…

Türkischer Hochzeitsbrauch: Ceyiz - Aussteuer

Aussteuer? Gibt es das heute überhaupt noch? Aber ja! Zumindest in der türkischen Kultur.

Die Tradition der Aussteuer

Die Aussteuer – im türkischen Ceyiz genannt – war und ist ein wichtiger Hochzeitsbrauch für türkische Bräute. Ursprünglich wurde schon bei der Geburt eines Mädchens begonnen, ihre Aussteuer anzulegen. Dazu gehörten früher feine Handarbeiten wie verzierte Tischdecken, bestickte Handtücher und Bettwäsche sowie Töpfe und Krüge. Im Laufe der Jahre erstellte die zukünftige Braut auch selbst Handarbeiten für ihr Çeyiz und erhielt von Verwandten, insbesondere von ihren Großmüttern oder Tanten, ebenfalls Geschenke für die Aussteuer. All dies wurde fürsorglich gesammelt und über die Jahre in Aussteuer Truhen aufbewahrt. Für die Braut war dies ein wichtiges Fundament für die Einrichtung ihres späteren eigenen Zuhauses und je reicher die Aussteuer war, desto reicher und fleißiger galt die Braut.

Die Aussteuer hatte so einen hohen Stellenwert, dass sie in Zeiten des Osmanischen Reichs auch in die Hochzeitsfeierlichkeiten eingebunden wurde. So wurde im Haus der Brauteltern die Aussteuer ausgelegt und Familien und Freunde wurden empfangen, um die feinen Handarbeiten zu bewundern und um weitere Geschenke zu übergeben. Zum Schluss kam auch die Bräutigamfamilie in einem festlich geschmückten Wagen zum Haus der Brauteltern, um gemeinsam die Werke der Braut und ihre Geschenke zu bestaunen und um die Aussteuer feierlich in das neue Heim der Braut zu überführen. Dafür wurde die Aussteuer in besagte Truhe gelegt und für den Transport fertig gepackt. Doch bevor sie übergeben wurde setzte sich die Schwester oder Tante der Braut auf die Truhe und gab sie erst frei, wenn ein ordentliches „Lösegeld“ gezahlt wurde.

Nachdem die Aussteuer zum Haus des Bräutigams gebracht wurde, wurde sie nach der Hochzeit und Ankunft der Braut auch dort ausgelegt, um sie Familie und Freunden der Bräutigamfamilie zu präsentieren. So konnten auch sie die Handwerkskunst der Braut bestaunen und ihr Geschenke übergeben. In manchen Regionen der Türkei war es auch üblich, dass der Bräutigam ebenfalls von seinen Eltern eine kleine Aussteuer erhielt. In diesem Fall wurden im Haus des Bräutigams beide Reichtümer ausgelegt und präsentiert.

Aussteuer heute

Man könnte meinen in unserer modernen Zeit würde es die Aussteuer nicht mehr geben, zumindest nicht wenn man „modern“ lebt oder als Türkin hier in Deutschland aufgewachsen ist. Aber weit gefehlt, denn die Mütter-Generation hält noch stark an dieser Tradition fest und ich persönlich finde das auch schön, denn es sind ja Andenken und teilweise auch Erbstücke, die man in Ehren hält.

Zur Aussteuer fällt mir immer eine Geschichte ein: Als ich ca. 16 Jahre alt war zeigte mir meine Mutter ganz stolz zwei Topfsets vom AMS (damals der Hit schlechthin). Sie schwärmte von der Qualität und Haltbarkeit und war hin und weg. Auf meine Frage, warum es denn gleich zwei Sets sein müssen, erfuhr ich das ein Set für mich bestimmt war. Ich erklärte meiner Mutter, dass ich nicht vorhabe alsbald zu heiraten, aber das störte meine Mutter nicht im geringsten. Ihre Begründung: Qualität sei unvergänglich, AMS biete 25 Jahre Garantie und man könne nie früh genug anfangen eine Aussteuer anzulegen! 🙂
Ich kenne einige ähnliche Geschichten von Freundinnen und tatsächlich: fünf Jahre später nahm ich beim Bezug meiner ersten eigenen Wohnung – ohne Ehemann – meine Aussteuer samt meiner Töpfe mit und habe sie auch fast 10 Jahre lang verwendet 🙂

Heutzutage wird die Aussteuer meist erst dann angelegt, wenn eine Hochzeit ansteht und sie wird schon Wochen vor der Hochzeit in die gemeinsame Wohnung gebracht, damit alles vorbereitet ist. Auch der Inhalt der Aussteuer hat sich mit Jahrzehnten gewandelt. Neben den traditionellen Handtüchern, Bettwäschesets und Tischdecken werden heute vor allem Tafelservice, Töpfe, moderne Küchengeräte und andere Haushaltsgegenstände hineingelegt, damit das Brautpaar im neuen Heim voll ausgestattet ist. Natürlich vervollständigt die Aussteuer nicht den kompletten Hausstand, denn eine edle Kaffemaschine oder ähnliches darf man nicht in der Aussteuer erwarten.

In diesem Fall ist ein anderer Brauch sehr hilfreich und praktisch. Es ist nämlich üblich, dass man das Brautpaar einige Zeit nach der Hochzeit im neuen Heim besucht und sich vorher bei den Eltern erkundigt, was dem jungen Paar noch fehlt. Zwar wird es dann nicht gleich die super Kaffeemaschine, aber kein Gast kommt mit leeren Händen und schnell sind die fehlenden Utensilien besorgt…

Sicher fragt Ihr Euch, was mit der Aussteuer passiert, wenn das Brautpaar schon vor der Hochzeit zusammenlebt. Ganz einfach, sie wird schon vor der Hochzeit übergeben, denn Sinn und Zweck der Aussteuer ist ja, dass das Brautpaar für die Erstausstattung kein Geld ausgeben soll.

Sağdıç, Toy Beyi & Yenge - Trauzeugen & Co auf türkisch

Ein alter Brauch bei türkischen Hochzeiten, der heute nur noch selten anzutreffen ist, sind die Begleiter des Brautpaares: Sağdıç, Toy Beyi & Yenge.  

Ähnlich wie beim deutschen Hochzeitsbrauch der Trauzeugen, hatten auch diese Begleiter die Aufgabe dem Brautpaar Beistand zu leisten. Sei es bei den Hochzeitsvorbereitungen, der Hochzeitsfeier selbst und auch danach, wenn mal der Haussegen schief hing…

Ich erlebe oft, dass türkische Brautpaare nicht ganz sicher wissen, was die Aufgaben von Sağdıç, Toy Beyi & Yenge sind bzw. ob sie diese überhaupt noch brauchen oder ob sie auch einfach „einen Trauzeugen haben dürfen“.

Deswegen gibt’s heute ein paar Infos zu den traditionellen Begleitern des Brautpaares bei türkischen Hochzeiten und was ursprünglich ihre Aufgaben waren:

Sagdic (Sağdıç) – der „Trauzeuge“ des Bräutigams

Traditonell hatte der Sagdic viele organisatorische und repräsentative Aufgaben zu tragen. Beispielsweise wurden wähernd der tagelangen Feierlichkeiten bestimmte Zeremonien und Feste im Haus des Sagdic abgehalten und auch bei den damals zu Ehren des Brautpaares üblichen Pferderennen oder Ringkämpfen (Yagli güres) fungierte der Sagdic oft als Gastgeber. In großen und reichen Familien konnte es auch vorkommen, dass der Bräutigam mehrere Sagdic hatte, doch die wichtigste Person war dann der erste Sagdic (Baş Sağdıç), der in der Regel selbst verheiratet war, denn er sollte nicht nur Aufgaben für die Hochzeit übernehmen, sondern durch Weisheit und Erfahrung einen guten Ehemann aus dem Bräutigam machen.

Noch heute wird in vielen Regionen der Türkei die Tradtion des Sagdic gelebt und es gilt als Ehre als „rechte Hand“ des Bräutigams gewählt zu werden. Der Sagic ist dann vor und während der Hochzeit der Helfer und Freund des Bräutigams in allen anfallenden Aufgaben. Sei es der Anzugkauf, die Unterstützung bei Vorbereitungen oder als einfacher Berater. Seine wichtigsten Aufgaben erfüllt der Sagdic aber am Hochzeitstag. Zum einen richtet er für den Bräutigam die traditionelle Zeremonie des „Damat trasi“ (Barbier Besuch des Bräutigams am Hochzeitstag) aus und sorgt anschließend dafür, dass der Bräutigam alles Notwendige hat, um sich für die Hochzeitsfeier vorzubereiten und umzuziehen. Müssen noch Besorgungen erledigt werden, so übernimmt er diese für den Bräutigam. Außerdem kommt er während des ganzen Hochzeitstages für die finanziellen Angelegenheiten des Bräutigams auf. Dazu gehören die Zahlung der Trinkgelder (z.B. für die Musikanten bei der Brautabholung) und des Wegezolls (z.B. wenn Kinder dem Brautwagen den Weg versperren). Er fährt zudem auch das Hochzeitsauto und hält dem Bräutigam in allen Dingen den Rücken frei.

Die moderne Version des Sagdic entspricht also stark dem des hierzulande üblichen Trauzeugen, nur das der Sagdic auch für die Erfüllung einiger Bräuche zuständig ist. 

Yenge – die „Trauzeugin“ der Braut:

Wer sich jetzt wundert, wo die Trauzeugin der Braut verblieben ist, der wird lange suchen müssen. Denn nur der Bräutigam hat einen Sagdic. Die Braut fand damals Unterstützung durch eine „Yenge“. Eigentlich bezeichnet man die Ehefrau des Bruders und des Onkels als Yenge, doch in diesem Fall handelte es sich bei der Yenge um die Ehefrau des „Toy beyi“. Der Toy beyi war eine weitere wichtige Person, der zusätzlich zum Sagdic gewählt wurde und am Hochzeitstag einige Aufgaben wahrnehmen musste. Da er meist ein Bruder oder Onkel des Bräutigams war, war seine Ehefrau die Yenge des Bräutigams und somit (nach türkischer Denke durch die Heirat) auch die Yenge der Braut.

Am Hochzeitstag unterstützte die Yenge die Braut bei ihren persönlichen Vorbereitungen wie Kleidung, Haare und Schminke, aber auch vor der Hochzeit stand sie der Braut bei Fragen und Sorgen bei. Dadurch, dass die Yenge aus der Familie des Bräutigams kam, war sie auch nach der Hochzeit noch eine hilfreiche Ansprechpartnerin im Kreis der neuen Familie, die der Braut auch beim Einleben helfen konnte.

Toy beyi

Die Tradition des Toy beyi ist heute nicht mehr anzutreffen und inzwischen übernimmt der Sagdic all seine Aufgaben, wodurch die Rolle der Yenge auf die Frau des Sagdic überging.

Der Toy Beyi musste verheiratet sein und war meist ein Onkel, Bruder, Verwandter des Bräutigams oder ein sehr guter Freund des Bräutigamvaters. Zu seinen Aufgaben zählten die Trinkgelder und Wegezölle zu zahlen, die am Hochzeitstag anfielen und nicht direkt vom Bräutigam bzw. seinem Sagdic gefordert wurden. Dazu gehörten beispielsweise die Auslösung der Aussteuer, die Trinkgelder der Musikanten und die Wegezölle bei der Brautabholung und den damit verbundenen Ritualen. 

Begleiter & Trauzeugen heute

Während die Tradition des Toy Beyi heute vergessen ist, ist der Brauch des Sagdic besonders in ländlich geprägten Familien noch stark verbreitet und wird traditionell gelebt.

In modern geprägten Familien benennt das Brautpaar keinen Sagdic oder eine Yenge, sondern schlicht ihre Trauzeugen, welche sie dann bei den Hochzeitsvorbereitungen unterstützen. Der Trauzeuge des Bräutigams lässt es sich dann aber nicht nehmen, traditionelle Aufgaben des Sagdic zu übernehmen. Dazu gehört weiterhin die Organisation des „Damat trasi“ sowie die Bezahlung von Wegezoll und die Auslösung der Braut.

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